S wie Selbstkontrolle – aus “Kinder mit LRS stärken

Selbstkontrolle

S WIE SELBSTKONTROLLE

Ein LRS-Training konnte nun also die Wissenslücken Ihres Kindes schließen. Dieses hat Ihrem Kind die Logik der Sprache transparent und nachvollziehbar gemacht. In vielen Übungsphasen (und wahrscheinlich mit häufiger Gegenwehr) festigte sich nach und nach das erworbene Regelwissen.

Und nun folgt der anstrengendste Schritt der LRS-Förderung: Das Anerziehen einer effektiven Selbstkontrolle. Dieser Schritt erfordert sehr viel Disziplin und Willen: Denn am Ende einer geschriebenen Arbeit möchte man die Zettel am liebsten so schnell wie möglich loswerden. Doch genau dann sollten sie nicht aus der Hand gegeben werden. Ein weiterer Arbeitsschritt beginnt.

Die richtige Strategie

Der Begriff Selbstkontrolle umfasst verschiedene Strategien, die Schüler*innen mit einer Lese-Rechtschreibschwäche dabei helfen, ihre Fehleranzahl beim Schreiben weiter zu senken. Der Unterschied zum aufmerksamen Schreiben liegt darin, dass die Kinder im Anschluss an einen geschriebenen Text gezielt auf Fehlersuche gehen. 

Inhalt und Rechtschreibung werden also getrennt voneinander betrachtet. 👉Zuerst kommt der Fokus auf den Inhalt, die Aufgabenstellung und den zu schreibenden Text. 👉Danach verschiebt sich der Fokus auf die Hauptfehlerquelle(n).

Ein kurzes Fallbeispiel

Trotz intensiven Übens ist die Arbeit wieder eine 4- geworden und die Fehler, die gemacht wurden, verursachen ein verzweifeltes Kopfschütteln – genau DAS haben wir doch tausendmal geübt!

😥Die Verzweiflung der Eltern: Wofür eigentlich das ganze Üben?

😥Die Verzweiflung des Kindes: Ich kann es einfach nicht!

😥Die Verzweiflung der Lehrer: Hier fehlt es an Übung und Anstrengungsbereitschaft!

Dieses Phänomen ist LRS-typisch. Der Versuch, sich sowohl auf den Inhalt wie auch auf die Rechtschreibung zu konzentrieren, führt in der Regel nicht zu weniger Rechtschreibfehlern, sondern zu Texten, die kaum zu verstehen und ohne einen erkennbaren roten Faden geschrieben sind. Angesichts dessen ist es zu empfehlen, dass Kinder beim Schreiben von Texten zunächst ihre gesamte Konzentration auf den Inhalt verwenden.

Die Selbstkontrolle schließt den Schreibprozess ab – immer!

Ist der Text geschrieben, so kommt der abschließende Schritt der Selbstkontrolle:

1. Der Text wird auf Verständlichkeit und fehlende Wörter hin überprüft. Dies muss mit den Kindern im Vorfeld trainiert werden! Eine gute Leitfrage ist hier “Hast du selbst deinen Text verstanden?“

2. Die gezielte Fehlersuche nach einem oder zwei ausgewählten Fehlerschwerpunkten. Die Aussage “Lies noch einmal über deine Arbeit und schaue nach Fehlern.” ist oft nicht hilfreich, denn wären den Kindern die Fehler bewusst, wären sie gar nicht erst passiert! Fehlerschwerpunkte können je nach Kind beispielsweise sein:

 

Großschreibung

(Woran erkenne ich ein Nomen im Satz?)

Die Suche nach großgeschriebenen Wörtern lässt sich beispielsweise mit diesen Übungskarten (Klick) üben.

Welche Wörter werden großgeschrieben

✔ Doppelkonsonanten

(Wann brauche ich in einem Wort eine Dopplung?)

Das Sprechen in Silben, das Hörbarmachen von Dopplungen und das Zurückführen von Wörtern auf ihren Wortstamm kann mit diesem Arbeitsheft (Klick) geübt werden.

Die Sache mit den Doppelkonsonanten

✔ Kommasetzung

(Woran erkenne ich einen Nebensatz?)

Strategien zur Unterscheidung von Haupt- und Nebensätzen und damit auch zur Kommasetzung, finden Sie in diesem Arbeitsheft (Klick).

Deutsch Kommasetzung - interaktiv

3. Die Unterstützung der Lehrkraft kann einen wesentlichen Beitrag leisten für eine sichere Umsetzung der Selbstkontrolle. Es gibt beispielsweise Lehrer*innen, die ihren Schüler*innen ermöglichen, ihre Arbeit am nächsten Tag noch einmal durchzulesen. Inhaltlich dürfen dann selbstverständlich keine Veränderungen mehr vorgenommen werden. Doch die Korrektur von Rechtschreibfehlern oder das Setzen von vergessenen Kommata gibt den Kindern die Möglichkeit zu zeigen, was sie eigentlich schon während der Arbeit gekonnt hätten – jedoch an der Umsetzung gescheitert sind. Dieses Entgegenkommen empfinden die Kinder nicht selten auch als eine Form der Wertschätzung.

 

Auch Kontrolle ist Übungssache

Bei der Selbstkontrolle ist es nicht anders als bei allen anderen Bereichen des Lernens: Sie muss trainiert werden, damit man auch in Stresssituationen sicher auf sie zurückgreifen kann.

Zum Üben empfehle ich zum einen,

✔ dass nur nach den Fehlerquellen gesucht werden sollte am Ende eines Textes, die außerhalb des freien Schreibens sicher beherrscht werden. Sprich, wenn es noch große Unsicherheiten gibt bei der Groß- und Kleinschreibung, sollte dieses Themenfeld bei der Fehlersuche ausgelassen werden. Kinder neigen sonst zum sogenannten Verschlimmbessern 🤪

Und zum anderen,

✔ dass die Fehlerfindung im Vorfeld gut eingeübt sein muss. Dies kann man auch schon im “kleinen Rahmen” automatisieren, indem beispielsweise jede WhatsApp-Nachricht und jeder Einkaufszettel auf Fehler überprüft wird, bevor der Text an eine andere Person weiter”gegeben” wird. Dies fühlt sich anfangs sicher nervig und unnötig an –  aber mit etwas Routine wird die Selbstüberprüfung zu einer selbstverständlichen Begleitung des Schreibprozesses.

Selbstkontrolle

ABSCHREIBEN

Mit Abschreibaufgaben lässt sich die Methode der Selbstkontrolle am besten trainieren. 

In kleinen Portionen werden Wörter oder Sätze in Silben gesprochen, anschließend in Silben geschrieben und letztlich kontrolliert. 

Wie bei allen anderen Routinen, ist es auch beim Abschreiben und anschließendem Kontrollieren entscheidend, dies im Vorfeld zu üben. Denn in der Klassenarbeit selbst sind die Kinder oft zu aufgeregt, um sich auf das Kontrolllesen zu konzentrieren. Je mehr Routine hier herrscht, umso sicherer werden am Ende eigene Fehler gefunden.

abschreiben

KLEINE TRICKS - GROßE WIRKUNG

Nicht immer ist es so leicht, dass “nur” die Rechtschreibung in einem Text kontrolliert werden muss. Manchmal sind es auch grammatische Regeln oder die Bildung von Zeitformen in den Fremdsprachen oder die Struktur eines Textes, die kontrolliert werden müssen.

In diesem Fall empfehle ich, dass die Kontrolle mithilfe der eigenen Unterlagen erfolgen sollte. Ein “Ich glaube, so wird das Present Perfect gebildet” hilft niemandem und schon gar nicht den Abspeicherprozessen unseres Gehirns. Definitiv besser ist der Blick auf eine Übersicht, ein Merkblatt etc., um sich (zumindest im Rahmen der Hausaufgaben und beim Üben) bei der Lösung auch wirklich sein zu können.

ALLES ZUSAMMEN IN EINER LEKTÜRE

Sie hätten gerne alle Tipps aus der Reihe “Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche stärken” kompakt in einem Heft? Das können Sie sehr gerne haben! 👏 

Der große Vorteil an einer “echten Lektüre” ist die Veranschaulichung: Machen Sie sich Notizen über Erfolge oder Hürden. Lassen Sie Ihr aktuelles Ziel aufgeschlagen auf dem Kühlschrank liegen. Und nutzen Sie den besseren Überblick über all die Punkte, die Sie interessieren.

Kinder mit LRS stärken

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