S WIE SILBEN
Ich werde nun eine ganze Menge über Fehler sprechen und anschließend behaupten, dass alleine durch ein Schreiben und Sprechen in Silben viele von ihnen verhindert werden können.
⇒ Das glauben Sie mir nicht? Dann lesen Sie ruhig weiter ↓
Rechtschreibfehler können viele Ursachen haben
Es gibt nicht DIE Ursache für Rechtschreibfehler. Manche sagen, die Kinder seien einfach nur unkonzentriert oder zu faul zum Lernen. Diese Menschen (genauer genommen diese Erwachsenen mit wenig Kenntnis im Bereich Lernschwierigkeiten) behaupten dann, dass mit etwas mehr Übung das Problem schnell behoben wäre. Andere Menschen sprechen von einer genetischen Komponente. Wieder andere möchten die gesamte Schuld für den Niedergang der deutschen Rechtschreibung dem Schulsystem oder den arbeitenden Eltern oder den digitalen Medien in die Schuhe schieben.
Ich muss Sie leider enttäuschen: Es gibt keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme. Wenn es DIE Ursache gäbe, dann könnte man an DIESER Ursache etwas ändern und alles wäre in Ordnung. So leicht ist es aber nicht.
Deswegen möchte ich an dieser Stelle Abstand nehmen von den gesellschaftlichen und politischen Ursachen der derzeitigen Rechtschreibmisere an unseren Schulen.
Ich möchte mich alleine auf das konzentrieren, was ich beeinflussen kann, worin ich meine Trainingskinder unterstützen kann: Und das sind die lernpsychologischen Ursachen für eine überdurchschnittliche Anzahl an Fehlern beim Schreiben.
Legen wir los
Legen wir also los und schauen uns mal an, was die häufigsten Ursachen dafür sind, warum manche Kinder Wörter immer wieder falsch schreiben und auch bei größter Anstrengung nur ungenügende Diktate nach Hause bringen.
Die häufigsten unter ihnen sind
~ Wahrnehmungsfehler
(Verschiedene Laute oder Buchstaben können optisch oder akustisch nicht oder nur schwer voneinander unterschiedenen werden. Auch die Erkennung von Lautreihenfolgen im Wort ist fehlerhaft.)
~ nicht abgeschlossene Speicherprozesse
(Wörter wurden nicht als richtig abgespeichert. Dies kommt bevorzugt vor, wenn ein schlechtes Schriftbild die exakte Erkennung von Wörtern verhindert, Wörter nicht ausreichend oft wiederholt und geübt wurden oder wenn sich durch fehlende Korrekturen nie ein korrektes Wortbild etablieren konnte. Wörter erscheinen nicht als Ganzes vor dem inneren Auge, sondern müssen bei jedem Schreibprozess von Anfang bis Ende neu aufgebaut werden.)
~ logische Fehler
(Die Erklärung einer bestimmten Schreibweise klingt absolut nachvollziehbar – ist aber leider falsch.)

Aber was hat dies nun mit Silben zu tun?
Eine bewusste Aussprache und eine Betonung der einzelnen Silben eines Wortes kann viele Rechtschreibfehler verhindern! Und zwar ganz egal, welche Ursache ihr zugrunde liegen!
Besonders lange Wörter, die erstmal als große Hürde erscheinen, werden durch das sogenannte Silbieren in kleinere und vor allem übersichtlichere “Häppchen” gepackt, die dann nacheinander abgearbeitet werden können.
Nehmen wir als Beispiel das Wort Unterrichtsschluss:
Un – ter – richts – schluss
Typische Fehlerquellen in diesem Wort sind das gedoppelte r in Unterricht und das doppelte s, welches sich aus der Zusammensetzung der beiden Nomen Unterricht und Schluss ergibt. Durch eine saubere Aussprache des Wortes in Silben werden beide Konsonanten hörbar.
Das bewusste Lesen, Sprechen und anschließende Schreiben (ja, man kann auch in Silben schreiben), kann also zahlreichen Fehlerquellen vorbeugen.
Ein Fallbeispiel
Aus meiner ganz persönlichen Erfahrung möchte ich Ihnen von einem meiner Trainingskinder erzählen:
Marius hat große Probleme damit, lange Wörter zu lesen. Wörter mit maximal vier oder fünf Buchstaben funktionieren problemlos, darüber hinaus wird aus dem Lesen schnell ein Rätselraten. Zwar erkennt er grob die Buchstaben, kann deren Reihenfolge jedoch nicht in einen Zusammenhang bringen.
Schritt 1
Wir beginnen also vorne und decken nach und nach die erkannten Silben ab und sprechen uns das, was wir bereits gelesen haben, immer wieder vor. Alleine das Abdecken reicht ihm oft schon, um den Rest des Wortes wesentlich besser zu erkennen.
Ich vermute, dass Marius bereits so viel Hemmungen gegenüber dem Lesen aufgebaut hat, dass er bei langen Wörtern automatisch verkrampft. Sobald auch nur ein kleiner Teil des Wortes abgedeckt ist, scheint er lockerer zu werden und kann mir sofort sagen, was dort steht.
Schritt 2
Im nächsten Schritt sprechen wir das Wort mehrmals in Silben (Hier ist es wichtig, nicht übertrieben gekünstelt zu sprechen, aber dennoch alle Silben hörbar zu machen).
Schritt 3
Und im dritten Schritt wird das Wort geschrieben. Bei unseren ersten Schreibversuchen hatte ich wirklich ein bisschen Bauchschmerzen, denn es fehlten zahlreiche (!) Buchstaben, manche Buchstaben waren verdreht und auch beim Korrekturlesen konnte Marius seine Fehler nicht selbst erkennen.
Zurück zu Schritt 1
Also zurück zu den Silben: „Marius, sprich das Wort genau so in Silben, wie wir es eben gemacht haben. Und du schreibst exakt die Silbe, die du gerade sprichst. Konzentriere dich nur darauf, nicht auf das Davor und nicht auf das danach.“
Und was soll ich sagen? Ja, Marius schreibt nicht fehlerfrei und ja, Marius braucht etwas länger beim Schreiben und an die Ausnahmen der deutschen Rechtschreibung haben wir uns noch nicht herangewagt.
Aber wenn ich die Erfolge dieses Kindes in Zahlen ausdrucken müsste, dann würden diese wie folgt aussehen:
Wir starteten mit einer Wahrscheinlichkeit von 2:10, dass Marius ein Wort, das mehr als sechs Buchstaben enthält, richtig schreibt. Heute (und es sind erst wenige Wochen vergangen) sind wir bei 8:10.
Und als kleiner Bonus:
Oft ergeben sich durch ein bewusstes Silbieren auch logische Herleitungen der Wörter, derer man sich vorher noch gar nicht bewusst war.
Nehmen wir hier als Beispiel das Wort wahrnehmen:
wahr – neh – men
Eine typische Fehlerquelle in diesem Verb ist das h in wahr, denn die meisten Kinder verbinden mit dem gesprochenen “war” die Vergangenheitsform von sein. Setzen wir uns jedoch bewusst mit dem Wort und seinen Bestandteilen auseinander, stellen wir fest, dass “Wahrnehmung” nichts anderes bedeutet, als dass wir etwas als die Wahrheit (an)nehmen. Dies finde ich persönlich übrigens einen sehr gelungenen linguistischen Schachzug, denn das Wort wahrnehmen impliziert damit, dass die betrachte Sache nicht automatisch auch wahr sein.
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Mit dem Arbeitsheft “Die Sache mit den Doppelkonsonanten” übt Ihr Kind Schritt für Schritt
• das Zerlegen von Wörtern in Silben,
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• Kleine Übungspäckchen machen es möglich, etwa die Ferien für eine gezielte und bewusste Wiederholung zu nutzen.

Es gibt isolierte Lesestörungen genauso wie isolierte Rechtschreibstörungen. Wenn beide Probleme jedoch miteinander einhergehen, sollten sie auch in Kombination bearbeitet werden.
Auf sehr basalem Niveau eignen sich hier die Lesekarten “Silben”.
Mit diesen Lesekarten trainieren Sie mit Ihrem Kind, dass
• gleich gesprochene Silben in der Regel auch gleich geschrieben werden.
• geschlossene Silben (auf einen Konsonanten endend) in der Regel kurz gesprochen werden.
Dieses Wissen und vor allem die Visualisierung dieser Regelhaftigkeit erleichtern es in der Zukunft sehr, Buchstaben beim Sprechen in Silben hörbar zu machen.

K WIE KOMPLEXITÄT
“Es gibt keine einfachen Lösungen für komplexe Probleme.” Mit diesem Satz habe ich Sie bereits weiter oben konfrontiert.
In Wahrheit ist dieser gesamte Bereich der Lernschwierigkeiten so umfangreich, dass ich ganze Veranstaltungen damit füllen könnte, über dieses Thema zu sprechen.
Um Ihnen zumindest ein paar Gedankenansätze mit an die Hand zu geben, gibt es einen ganzen Artikel mit der Überschrift “Komplexität”.
Damit möchte ich Sie vor allem darin stärken, schlauen Ratschlägen wie “Habt ihr schon xy ausprobiert? Das hilft ganz sicher” immer mit Skepsis zu begegnen.
Der Weg, den Sie mit Ihrem Kind gehen, ist alles andere als leicht! Aber er ist auch nicht unmöglich!
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Anzeichen einer Lese-Rechtschreib-schwäche
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Ich arbeite auch mit Silben und stimme den Ausführungen zu. Allerdings gibt es bei den Silben insoweit Probleme, als bei der offiziellen Silbentrennung Laute auseinandergerissen werden. Zum Beispiel “fan-gen”. Die Duden-Silben stammen von den Setzen an den früheren Setzmaschinen, wo es darauf ankam, ein Wor optimal auf zwei Zeilen zu verteilen. Ich habe meine Silbierung an die Sprechgewohnheiten angepasst und mache damit sehr gute Erfahrungen. Näheres auf der-lesekoch.de!
Lieber Siegbert,
vielen Dank für deinen sehr wertvollen Kommentar!
Bei den Nasalen -ng- und -nk- gehe ich der Silbentrennung tatsächlich aus dem Weg und zeige den Kindern, dass diese Laute, die hinten im Hals entstehen, immer in der gleichen Buchstabenkombination aufgeschrieben werden (ebenso wie das gehörte -kw- immer als -qu- geschrieben wird).
Auch bei einem -sch- oder -ch- im Wort höre ich bei den Kindern immer unterschiedliche “Bevorzugung”, ob der Laut am Ende der Silbe oder am Anfang der folgenden Silbe zu hören ist. Hier korrigiere ich nicht nach dem, wie es laut Duden vorgeschrieben ist, sondern lasse den Kindern ihre intuitive Aussprache, solange der Laut nur ein Mal zu hören ist.
Ich bin also sehr dafür, das Silbensprechen nicht zu verkomplizieren, sondern es als zusätzlich unterstützende Methode anzusehen.
Vielen Dank auch für deine Verlinkung! Der Lesekoch ist eine absolute Empfehlung!