Dieser Artikel wurde im November 2021 veröffentlicht und im Mai 2024 aktualisiert.
Die Großschreibung von Nomen ist bei manchen Kindern ein Dauerbrenner. Hier zeige ich Ihnen, wie mein Erklärungsansatz aussieht, damit Nomen im Satz in Zukunft sicher gefunden werden können.
NOMEN GROßSCHREIBEN - GEHT DAS AUCH EINFACH?
Bis hierhin ist alles klar.
Nomen besitzen einen Artikel. „Ich klettere auf den Baum.” Nomen kann man sehen und anfassen. “Haus”. “Kuscheltier”. Mit diesen beiden Regeln lernen Kinder in der Grundschule meist, Nomen im Satz zu erkennen.
Hier wird es schon schwieriger.
“Vor lauter Hitze kann ich nicht mehr klar denken.” In diesem Satz kann ich außer mich selbst gar nichts sehen. Und anfassen schon gar nicht. Muss ich jetzt vor jedes einzelne Wort einen Artikel setzen, um herauszufinden, ob im Satz ein Nomen enthalten ist? Meine Antwort: Nein!
Wir schauen uns nicht den Satz, sondern die Wortart Nomen mal etwas genauer an! Nomen sind nämlich etwas ganz Besonderes! Und weil sie so besonders sind, heben wir sie hervor und geben ihnen einen großen Anfangsbuchstaben! Ich persönlich würde gerne noch sehr viel mehr tun, um Nomen für ihre Besonderheit zu feiern, aber mir sind da aufgrund der Rechtschreibregeln leider die Hände gebunden.
Aber was macht Nomen so besonders?
Anders als alle anderen Wortarten gibt es Nomen nämlich tatsächlich! Sie existieren! “Manchmal überkommt mich eine tiefe Traurigkeit.” Kannst du diese Traurigkeit spüren? Genau! Weil sie wirklich existiert! Erzähl mir, woher sie kommt. Lass sie uns gemeinsam vertreiben! Dinge, die wirklich existieren, können beschrieben werden. Wir können über diese Dinge reden. „Am Abend waren wir noch im Kino.“ War es ein schöner Abend? War es ein lustiger Abend?
Kannst du ein Wort im Satz also näher beschreiben und mir davon berichten, dann musst du es großschreiben. Das klappt dann übrigens auch bei nominalisierten Wörtern. „Beim Laufen habe ich mir den Fuß verstaucht.“ Schnell? Langsam? Wie warst du unterwegs?
Eine komplizierte Strategie? Nur auf den ersten Blick!
Diese Strategie hört sich vermutlich erstmal total kompliziert an. Da Kinder mit Lese-Rechtschreibschwäche jedoch vor allem im freien Schreiben Fehler machen, ist dies durchaus eine sehr hilfreiche Strategie. Denn hier wissen sie meist sehr genau, was sie erzählen wollen. Und somit auch, was sie beschreiben wollen. Probieren Sie es einfach mal auf diese Weise!
→ Eine ganze Auswahl an verschiedenen Aufgabenformaten gibt es hier.
In den seltensten Fällen gibt es EINE Regel, die alle Bereiche eines Themas abdeckt. Deswegen kann diese Strategie auch einfach „nur“ eine Ergänzung darstellen zu dem bisherigen Wissen, um auch noch das letzte Nomen im Satz sicher zu finden! Viel Erfolg!
Keine Methode für alles und jeden
Verstehen Sie mich nicht falsch: Die Methode nach der Frage „Was im Satz kann ich beschreiben?“ ist nicht die Lösung für alle Probleme! Es ist eine Methode, die in meinen Trainingsstunden gut funktioniert, weil ich sie überzeugend anwenden und erläuter kann. Dadurch werden aber die anderen gängigen Methoden (die Artikelprobe, Bildung von Einzahl und Mehrzahl, Nomen kann man sehen oder anfassen) nicht schlechter.
Viele Eltern wünschen sich verzweifelt eine Methode, mit der sie endlich die Menge an Rechtschreibfehlern hinter sich lassen können. Doch die Wahrheit ist, dass es nicht DIE Methode für DAS Problem gibt. Wenn es die gebe, würde ich sie sicher nicht in diesem Artikel teilen, sondern wäre damit bei den aktuellen Studienergebnissen zu den Rechtschreibleistungen unserer Kinder eine vermögende Frau – vermutlich wäre ich sogar steinreich!
Probieren Sie aus, welche Methode am besten funktioniert. Oder auf andere Art formuliert: Probieren Sie aus, mit welcher Methode Ihr Kind die wenigsten Fehler macht!
Methodensammlung zur Erkennung von Nomen
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Artikelprobe:
Jedes Nomen besitzt einen Artikel. Dabei wird zwischen männlich (der Stuhl), weiblich (die Bank) und sächlich (das Tischbein) unterschieden. Vorteil: Dieses Wissen bringen die Schülerinnen und Schüler bereits aus der Grundschule mit und es gibt keinerlei Ausnahmen. Nachteil: Nicht jedes Nomen wird im Satz auch automatisch mit Artikel verwendet. Wir rennen mit Schwung auf die Straße. „Schwung“ ist auch ohne Artikel ein Nomen. Leider beobachte ich bei der nachträglichen Artikelprobe (der Satz ist geschrieben und wird dann korrekturgelesen) immer häufiger, dass auch Verben dann zu Nomen „verbessert“ werden mit der Begründung, dass es ja „das Rennen“ hieße.
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Bildung von Einzahl und Mehrzahl:
Nomen können in verschiedenen Mengen vorliegen. Sie lassen sich also zählen und entsprechend im Singular und Plural verwenden. Vorteil: Dinge, die ich sehen kann, kann ich mir auch im Plural gut vorstellen. Ich kaufe einen Stuhl. Ich kaufe drei Stühle. Die Mädchen sitzen auf der Bank. Die Jungs blockieren mehrere Bänke. Das Stuhlbein ist gebrochen. Wir werden direkt alle vier Stuhlbeine reparieren. Nachteil: Schwierig wird es allerdings mit abstrakten Nomen oder Gefühlen. Die gibt es nämlich manchmal nur im Singular. Die Verzweiflung lähmt mich. Ich lege den Fokus auf die morgige Arbeit.
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Nomen kann man sehen und anfassen:
Die meisten Nomen kann ich sehen und anfassen. Vorteil: Ich erspare mir an dieser Stelle entsprechende Beispiele, denn diese Regel ist den Kindern absolut klar. Nachteil: Viel spannender ist, dass viele Nomen von Kindern selbstverständlich großgeschrieben werden, obwohl diese Regel in der Realität gar nicht umsetzbar ist. Die Sonne ist sehr heiß. Das wissen wir. Aber hat das auch schon mal jemand getestet? Bei anderen Nomen hingegen argumentieren die Kinder, dass man das Nomen ja gar nicht sehen könne, wie in dem Satz Sie macht sich immer zu viele Gedanken. Diese Strategie ist also auch nicht die letzte Weisheit des Tages.
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Nomen können beschrieben werden:
Mithilfe von Adjektiven können Nomen genauer beschrieben werden. Vorteil: In ausdrucksstarken Sätzen sind diese Beschreibungen automatisch enthalten. Ich stehe vor diesem wunderschönen Haus und kann meine begeisterten Augen kaum abwenden. Nachteil: Nicht nur Nomen können genauer beschrieben werden, sondern auch Verben. Das beschreibende Wort wird dann als Adverb bezeichnet. Diese Grammatik kommt jedoch erst in der weiterführenden Schule und ist auch nicht immer so leicht zu verstehen. Fakt ist jedoch, dass die näheren Beschreibungen in die Irre führen können. Kannst du bitte nicht so schnell fahren?
Sie sehen – alle Methoden haben ihren Haken. Es gibt nicht die eine sichere Variante, mit der die Großschreibung von nun an immer gelingt. Ich empfehle die Fokussierung auf EINE Methode, mit der Ihr Kind sich sicher fühlt. Sobald die Großschreibung zuverlässig funktioniert bei den Nomen, die mit dieser Methode erkannt werden können, geht man nach und nach über zu den Ausnahmen.
Ein praktisches Beispiel
Und nun möchte ich Ihnen noch an einem konkreten Beispiel zeigen, wie ich mit meinen Trainingskindern das Verständnis von Nomen übe:
Beim Blick auf diese Übungskarte sehen die Kinder sofort: Hier fehlt die Großschreibung. Nun verfalle ich aber nicht wieder in das alte Schema zurück frage: „Welche Wörter besitzen einen Artikel?“, „Was kann ich anfassen?“
Meine Alternative: Ich frage die Kinder, was sie mir über die Wörter, die in diesem Text vorkommen, erzählen können. Und ohne genauer darauf einzugehen, bekomme ich automatisch Antworten wie: „Es gibt aber auch eine Fußballweltmeisterschaft der Frauen.“ oder „Wann genau waren denn die beiden Weltkriege?“ oder „Das kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen, dass die Menschen ausgerechnet in dieser Zeit auf so eine Idee gekommen sind.“
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Was kannst du mir über das Nomen erzählen?
Und damit haben die Kinder die Funktion von Nomen verstanden: Nomen existieren! Und was existiert, darüber kann ich sprechen, das kann ich erklären.
Und erst jetzt gehen wir auf die Suche nach ALLEN Nomen im Text.
Möchten Sie diese Methode direkt einmal ausprobieren? Hier finden Sie Übungskarten „Fehlerteufel Großschreibung“ inklusive Lösungen. Aktuell sehr beliebt sind die Wissenskarten zur Fußballweltmeisterschaft 2025!
Für eine Online-Übung, anhand derer Sie anschließend (oder im Vorfeld) wie oben beschrieben über die Wortart Nomen sprechen können, kann ich Ihnen die Seite von Siegbert Rudolph empfehlen. Unter Eltern und Lehrkräften ist er mittlerweile auch als DER LESEKOCH bekannt.
WIE LANGE DAUERT DENN EIN LERNTRAINING?
Das Thema Großschreibung und ist nur einer der zahlreichen Bereiche, die in einem Lerntraining bearbeitet werden.
Aber wie lange dauert eigentlich so ein Lerntraining? Diese Frage höre ich immer wieder und meine Antwort ist so wenig aussagekräftig wie wahr: Es kommt darauf an!
Worauf genau, erfahren Sie in diesem Artikel.
S WIE SILBEN
Ein wichtiger Baustein auf dem Weg zum flüssigen Lesen und einer guten Rechtschreibung ist das bewusste Sprechen in Silben.
Das klingt wie aus dem letzten Jahrhundert? Ja, vielleicht. Aber die Erfolge geben der Methode recht. Und die intensive Auseinandersetzung mit einem Wort hat auch Einfluss auf die Erkennung von Nomen im Satz.
Lesen Sie hier mehr darüber.
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Rechtschreibfehler ist nicht gleich Rechtschreibfehler
Nicht jeder Fehler, der beim Schreiben passiert, ist auch wirklich ein Rechtschreibfehler. Es wäre nicht das erste Mal, dass ein Kind mir sagt "das wusste ich gar nicht"! Es ist also immer wertvoll, sich Fehler ganz genau anzuschauen.
R wie Regelwissen
Wenn mir auffällt, dass es einem Kind weder am Verständnis noch an Bereitschaft fehlt, sondern schlichtweg an Wissen, ist dies oft ein schockierender und erleichternder Moment zugleich. Aber das Beste ist: Ab jetzt geht es schnell vorwärts!
F wie Ferien
In der Regel empfehle ich dann einen Ferienkurs: kompakt, stressfrei und nach meiner Erfahrung sehr viel effektiver als ein wochenlanges Rechtschreibtraining am Nachmittag.
FERIENKURSE
Ich kenne die Diskussionen darum, ob Kinder sich in ihren Ferien mit Schule beschäftigen sollen, sehr genau. Und ich kann beide Seiten sehr gut verstehen und ich habe für mich persönlich beschlossen, dass es mir nicht zusteht, für eine Familie oder ein Kind zu entscheiden, wie die Ferien gestaltet werden sollten.
Ich kann lediglich von meiner Erfahrung berichten – und diese Erfahrung zeigt sehr eindeutig: Kinder, die sich freiwillig und aus Überzeugung für einen Kurs in den Ferien bei mir entscheiden, machen in dieser Zeit in der Regel viel größere Fortschritte als während des letzten halben Jahres!
Schauen Sie sich doch einfach mal ganz unverbindlich mein Ferienprogramm an und lassen Sie den Gedanken in Ruhe setzen.