SPRACHFÖRDERUNG IM KINDERGARTEN
Ich darf im Bereich Sprachförderung Verantwortung übernehmen für einen kleinen Anteil Kindergartenkinder, in deren Elternhaus nicht Deutsch gesprochen wird. Ein spannender Weg, den ich beinahe 1 1/2 Jahre gehen werde, beginnt.
Die Rahmenbedingungen:
Alter: 3 Jahre bis Schuleintritt
Sprachen: von allem etwas
Besonderheiten: mit und ohne Fluchterfahrung, mit und ohne elterliche Unterstützung, mit und ohne weiteren Förderbedarf über die sprachliche Entwicklung hinaus
Fazit: von Homogenität keine Spur
Die Zielformulierungen:
- Die sprachlichen Möglichkeiten der Kinder alltagstauglich machen, sodass sie ihre Bedürfnisse äußern und die Abläufe im Kindergarten besser verstehen und verarbeiten können.
- Aufbau eines Grundwortschatzes, an den sich anknüpfen lässt.
- Das Kindergartenpersonal entlasten, das nur wenige zeitliche Ressourcen hat, um sich diesen Kindern intensiv zu widmen.
Meine Materialien
Ich packe meinen Koffer “Sprachförderung” und nehme mit
⇒ ein Bildwörterbuch*, welches noch aus der Zeit stammt, als ich mit erwachsenen Strafgefangenen mit unterschiedlichen Muttersprachen gearbeitet habe.
Ich habe es auch damals nie gebraucht, aber es hat mir immer ein gutes Gefühl gegeben, im Notfall auf einen sehr breiten Bildwortschatz zurückgreifen zu können.
Wer allerdings ein Werk sucht, welches nicht nur Bilder und die Standard-Fremdsprachen unseres Schulsystems sucht, müsste dich gegebenenfalls noch einmal auf die Suche machen. An manchen Tagen hätte ich mir russische, polnische, ukrainische, indoarische oder arabische Übersetzungen gewünscht, um über eine (wenn vermutlich auch sehr falsche) Lautsprache den Kindern stärker “entgegenkommen” zu können.
⇒ einen Stapel Memorykarten.
Die Spiele von Bildermaus* gibt es in vielen verschiedenen Varianten (mittlerweile sind es anscheinend nur noch drei) und ich glaube, ich habe sie alle.
Es gibt immer eine Karte mit einem großen Bild und eine dazugehörige Karte mit einem großgeschriebenen Wort (beispielsweise auch mit der englischen Übersetzung, der Mehrzahl etc.), wodurch ich die Spiele im Lerntraining regelmäßig im Einsatz hatte.
Nun habe ich für den Anfang ein paar Karten mit relevanten Begriffen herausgesucht.
Meine Erkenntnisse
Was gibt es zu beachten, zu bedenken, zu berücksichtigen, zu lernen? Meine Tasche soll im Kindergarten schließlich nur Werkzeug sein.
WOCHE 1
• Solange die Kinder mich nicht kennen, spielt es keine Rolle, was in dieser Tasche steckt!
Sie verstehen meine Worte nicht. Ich kann ihnen nichts über mich oder meine Absichten erzählen. Aber sie sehen mein Lächeln. Sie hören meinen freundlichen und zugewandten Tonfall. Es spielt (noch) keine Rolle, WAS ich sage – es ist nur wichtig, WIE ich es sage.
• Ich gebe nicht vor, was wir tun – sondern ich beteilige mich an dem Spiel des Kindes.
Ich lobe, was das Kind tut. Ich beschreibe die Handlungen des Kindes mit Worten. So lernt es meine Stimme, meinen Satzklang und meine Art kennen, ohne dass wir uns in einer „Prüfungssituation“ befinden. Ich lasse von dem Kind durch das Spiel führen, ohne in den Spielfluss einzugreifen.
• Ich bin ein Teil der Gruppe.
Das Kind vor den „Einmischungen“ anderer Kinder zu schützen und es gleichzeitig nicht zu isolieren, liegt in meiner Verantwortung.
• Zuhören statt reden.
Eine Sprache zu lernen im Rahmen der Integration (wie hier in den Kindergarten) ist keine freie Entscheidung, keine pure Freude am Sprachenlernen und es gibt auch keinen Chef, der mit der Gehaltserhöhung winkt für so viel Engagement. Es ist der Drang zu überleben! Und das sage ich nicht, damit mein Text ganz besonders dramatisch klingt! Ich sage es, weil die Frage nach mehr Nudeln, nach der Toilette, nach dem Ausgang, nach mehr Zeit etc. etwas mit überleben zu tun. Eine Seele wird entweder gehört und verstanden und kann sich weiter entfalten. Oder sie muss weit hinter ihren Möglichkeiten zurückbleiben, weil sie sich nicht auszudrücken weiß und die Verzweiflung darüber findet irgendwann ihren Weg – oft in Form von Wut oder in Form von Abschottung.
WOCHE 2
• Zuhören geht nur leise.
Menschen sind unterschiedlich. So sehr unterschiedlich! Und während manche Kinder von ihrem ganzen Wesen her immer etwas lauter und impulsiver sind, gibt es eben auch die Stillen. Sie können nicht weniger als andere! Sie sagen es nur leiser. Und manchmal ist es sogar nur ein Flüstern.
• Auch ich lerne etwas.
Interesse an der Sprache meines Gegenübers zu haben, hat auch etwas mit Wertschätzung zu tun. Deswegen habe ich mir von einem meiner Trainingskinder ein paar Sätze beibringen lassen, in der Muttersprache eines der Kindergartenkinder. Das klappt natürlich nicht mit allen Sprachen – aber es ist ein Anfang.
Und ich wurde liebevoll daran erinnert, wie schwer es ist, eine Sprache zu lernen: “Frau Rohrbeck, es klingt falsch, aber er wird es verstehen.” Ja, auch für mich gibt es noch viel zu lernen!
WOCHE 3
• Längere Pausen vermeiden.
Durch Schließungstage, Krankheit oder aus sonstigen Gründen kann es immer wieder zu Unterbrechungen kommen – teilweise auch über mehrere Tage oder (wenn es ganz ungünstig kommt) über Wochen. Diese Pausen sollten, wann immer es organisatorisch möglich ist, vermieden werden. Denn für die Kinder bedeuten sie immer wieder einen Rückwärtsschritt. Je kontinuierlicher hingegen unsere Zusammenarbeit ist, umso schneller zeigen sich erste Erfolge.
Einen erwachsenen Sprachenlerner kann man mit Hausaufgaben versorgen – ein dreijähriges Kind muss erstmal wieder zurückfinden in die neue Sprache … und zu seinem Mut.
WOCHE 4
• Der Fokus ist “das Kind” – nicht “der Sprachkurs”
Mit dreijährigen lässt sich ein Sprachlernkurs nicht gestalten, wie man sich diese vielleicht an der VHS vorstellt. Kinder in diesem Alter setzen sich nicht vor eine Tafel und wiederholen im Chor die Sätze, die ihnen vorgesprochen werden. Sie möchten Türme bauen, mit Autos die wildesten Karambolagen simulieren oder den Puppen Sachen an- und ausziehen … und zwar in Dauerschleife. Und in diesen Handlungen versteckt sich auch der für sie wichtige Wortschatz.
√ notwendiger Alltagswortschatz: Besteck und Geschirr, die Möbel im Gruppenraum, alles Wichtige für den Gang ins Bad, Kleidungsstücke
√ notwendiger Spielwortschatz: je nach Vorliebe des Kindes
√ Wortschatz für schnelle Erfolge und Spiele: Namen, Farben, Zahlen, Körperteile
Mein Ziel ist es, bei jeder Begegnung Wörter aus diesen drei Wortschatzbereichen zu wiederholen, um die Kinder möglichst schnell zur Interaktion innerhalb der Kindergartengruppe zu befähigen.
WOCHE 5
• Wut ist ein Symptom, keine Ursache.
Nicht verstanden zu werden, kann schrecklich frustrierend sein. Dafür muss man noch nicht einmal unterschiedliche Sprachen sprechen. Wenn Kinder in dieser Phase also Wutausbrüche haben oder anderen Kindern gegenüber übergriffig werden, sollten wir uns dafür hüten, dies als “Problem des Kindes” zu verbuchen. Es ist sehr wahrscheinlich ein “Problem der Sprache”.
WOCHE 6
• Call & Response
Eine effektive Methode der Fremdsprachendidaktik ist das sogenannte “Call & Response”. Die lehrende Person gibt ein Wort, einen Ausdruck oder einen Satz vor. Die lernende Person wiederholt. Anschließend bestätigt die lehrende Person das Gesagte lobend und wiederholt sich noch einmal.
Ich kommentiere also die meiste Zeit das, was die Kinder tun. Wird mir das leere Glas Wasser hingehalten, so gebe ich den Kindern mit einer Geste zu verstehen, meinen Satz zu wiederholen: “Kann ich bitte Wasser haben?”. Das klappt mal mehr und mal weniger gut. Doch jeder einzelne gesprochene Satz ist Grund zur Freude!
Gemeinsame Freude
Insbesondere stillere und zurückhaltendere Kinder nehmen dieses “Angebot” gerne wahr – von sich aus zu sprechen kostet sie sehr viel Überwindung. Ein vorgegebener, also definitiv richtiger Satz, wird von ihnen dankbar angenommen. Ja, auch im sehr frühen Kindergartenalter sind solche Charaktereigenschaften und Wesenszüge teilweise schon sehr klar ausgeprägt.
WOCHE 7
• Raus aus der Komfortzone
Aufgrund der Sprachbarriere konnte ich den Kindern nie erklären, was ich eigentlich mache und wofür ich da bin. Doch sie hatten schon nach der ersten Woche verstanden, dass sie mich größtenteils ganz für sich alleine haben. Klar, das Switchen zwischen den Kindern, drei Charakteren und drei Bedürfnissen kostet mich an manchen Morgenden viele Ressourcen und Nerven. Doch das ist okay – die Fortschritte belohnen uns mehr als genug!
Nun, nach mehr als sieben Wochen, hat das gegenseitige Vertrauen eine neue Ebene erreicht:
Die ersten Veränderungen
→ Stille und angepasste Kinder trauen sich nun auch, auf einen Vorschlag (oder eine Vorgabe) mit einem Kopfschütteln zu reagieren. Ich persönlich liebe es, wenn Kinder an diesem Entwicklungsschritt ankommen, denn ab hier ist es kein Lehrer-Schüler-Verhältnis mehr, sondern eine persönliche und individuelle Beziehung (übrigens auch mit meinen Trainingskindern im Lerntraining).
→ Fordernde und einfordernde Kinder kommen allmählich zur Ruhe und der Fokus liegt nicht mehr nur auf den eigenen Bedürfnissen. An diesem Punkt fangen Kinder an, das Spielen mit den anderen zu entdecken und einen Gefallen an den Routinen des Kindergartenalltags zu finden.
Sprachförderung im Kindergarten ist so viel mehr als VHS-Kurs für fleißige Lerner.
WOCHE 8
• Erste Meilensteine
Woche 8 der gemeinsamen Zeit beginnt mit einem kleinen großen Erfolg. Zum ersten Mal konnte ein Morgenkreis mit allen Kindern stattfinden, ohne dass ich mit mindestens einem Kind den Raum verlassen (musste). Bisher war meine Strategie, zusammen mit dem jeweiligen Kind aus der Situation zu gehen, wenn durch Unruhe die Stimmung der gesamten Gruppe zu kippen droht. Nach acht Wochen war dies nun zum ersten Mal nicht mehr nötig und ich freue mich wahnsinnig darüber!
WOCHE 9
• Kinder lernen keine Sprachen
Kinder, die zweisprachig aufwachsen, lernen keine unterschiedlichen Sprachen. Dieses Wissen ist bedeutungsvoll für die Sprachförderung im Kindergarten.
Sie lernen, dass sie für unterschiedliche Menschen unterschiedliche Begriffe verwenden müssen, um verstanden zu werden. Dass es sich hierbei um zwei unterschiedliche Sprachen handelt, ist ihnen nicht bewusst.
WOCHE 10
• aus Streithähnen einen Hühnerhaufen machen
Wenn zwei Kinder sich um das gleiche Spielzeug streiten, ist dies vielleicht genau der richtige Moment, um einzugreifen – allerdings nicht in den Streit, sondern in die Möglichkeiten.
Die Kinderküche bietet viel Potenzial: Rollenspiele, das Verhalten der Erwachsenen nachahmen, Quatschgerichte kochen.
Doch was, wenn es immer die gleichen Kinder sind, die sich gegenseitig von der Kinderküche wegschubsen?
→ Versuch 1: Erst der eine, dann der andere. Wenn Temperamente nicht zusammenpassen, ist es völlig in Ordnung, Reibungsmomente schon im Vorfeld zu vermeiden.
Versuch 1 gescheitert: Keiner möchte verzichten, egal, wie spannend das Alternativangebot ist.
→ Versuch 2: Das Zusammenspiel begleiten. Wenn beide am gleichen Spiel beteiligt sein wollen, dann geht es nur zusammen.
Versuch 2 gescheitert: Die Kinder konzentrieren sich so sehr darauf, den anderen am Spiel zu hindern, dass am Ende keiner der beiden mehr Freude hat.
→ Versuch 3: Wir spielen nicht miteinander, sondern “gegeneinander”. Wer möchte mich bekochen?
Versuch 3 geglückt.
Gefühle und Bedürfnisse lassen sich zwar reflektieren, doch das ändert nichts daran, dass sie in einem bestimmten Moment existieren. Sie existieren und sie verschaffen sich Gehör! In diesem Fall waren sie so stark, dass sie weder unterdrückt noch umgangen werden konnten. Also haben wir sie umgeleitet. Und es hat funktioniert (dieses Mal).
Welche Rolle spielen Strukturen im Kindergarten
Während die Kommunikation mit anderen Menschen zum Alltag gehört wie die Luft zum Atmen, ist es manchmal unvorstellbar, wie ein Leben funktionieren kann, wenn die gemeinsame Sprache wegfällt.
Als wenn die Luft zum Atmen fehlen würde, so müssen wir uns vorstellen, wenn die Kommunikation mit unserem Gegenüber plötzlich nur noch eingeschränkt oder gar nicht mehr möglich ist.
Insbesondere für Kinder werden dann regelmäßige nonverbale Abläufe und Tagesstrukturen zu einem nicht unterschätzenden Bestandteil Ihres Tages.
Transparente Abläufe im Kindergarten entlasten den Stresspegel
Meine Beobachtung ist, dass vor allem Kinder, die in der deutschen Sprache nur unzureichende Kompetenzen aufbauen konnten oder andere sprachliche Schwierigkeiten haben, ein Tagesablauf mit einer bestimmten und nachvollziehbaren Struktur wichtiger ist denn je. Diese Regelmäßigkeiten geben den Kindern Halt und sie können sich auf den nächsten Abschnitt des Tages vorbereiten, ohne dass dieser sprachliche Fähigkeiten erfordert.
Ein konkretes Beispiel aus dem Kindergarten, wie ich es kenne, wäre der Gang zur Toilette, anschließendes Händewaschen, die Kinder kommen zurück in Ihre Gruppe und wissen, dass nun jeden Moment das Mittagessen beginnt. Sie kennen die einzelnen Abläufe, die für alle Kinder gleich sind, sie können der Gruppe folgen und anschließend in Ruhe ihr Essen genießen. Von ihnen wird in diesen Situationen nicht verlangt, auf Sprache zurückzugreifen, denn sie können sich in die Dynamik der Gruppe einfügen.
Sollte in diesem Ablauf etwas Unvorhergesehenes dazwischenkommen, wirft dies allerdings schnell die mühsam aufgebauten Strukturen durcheinander.
Als Beispiel ist mir hier immer wieder aufgefallen, dass selbst eine Kleinigkeit wie ein verloren gegangener Hausschuh zu einem erhöhten Stresslevel führt und zu einer hohen Unsicherheit seitens des Kindes.
Der Umgang mit Unvorhergesehenem
Für ein Kind, mit dem eine Kommunikation problemlos möglich ist, lassen sich diese Unsicherheiten aufklären und beruhigen. Das Kind weiß, warum es nun länger dauert, kann sich beteiligen an der Problemlösung und die innere Ruhe kann wieder hergestellt werden (sollte der verloren gegangener Hausschuh überhaupt ein Grund zur Unruhe gewesen sein).
Für ein Kind, dass diese Erklärungen sprachlich nicht erfassen kann, baut eine solche Situation Unruhe auf und ein Gefühl von Unsicherheit. Die Erklärungen, warum der Ablauf nicht zum nächsten Schritt übergehen kann, lassen sich nicht kommunizieren und die Kinder befinden sich in einer Art Warteschleife, in der sie nicht wissen, wie sie sich selbst beteiligen können, wo der Fehler liegt und was nun auf sie zukommt. Derartige Situationen sind zur Förderung der sprachlichen Fähigkeiten auch denkbar ungeeignet, da das Kind sich vermutlich nicht auf die Worte und Sätze wird konzentrieren können.
Diesen Punkt finde ich deshalb wichtig zu erwähnen, da insbesondere in Kindergärten mit offenen Konzepten der Aufbau von festen Strukturen schwerfällt, obwohl gerade die Kinder, die aus den verschiedensten Gründen in den Kindergarten kommen und zunächst die deutsche Sprache nicht ausreichend verstehen, genau diese Strukturen brauchen.
Übergänge von einer Situation zur nächsten begleiten
Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die Begleitung der Übergänge sehr viel Entspannung mit sich bringen kann, während die Erwartung, diese Kinder “mitlaufen” zu lassen, häufig dazu geführt hat, dass die Situation in Verzweiflung seitens des Kindes ausartet ist und hinterher mehr Zeit und Geduld investiert werden musste, um die innere Ruhe wieder herzustellen.
Sprachförderung kann nur gelingen, wenn sich Kinder in einer ansprechenden und offenen Lernumgebung befinden – eine dauerhafte innere Anspannung steht dieser maximal im Weg.
ZAUBERHAFTE BÜCHER FÜR DIE KLEINEN OHNE TEXT
Wenn Strukturen im Kindergarten zum Feind werden
Für die nun folgende Aussage kenne ich keine wissenschaftlichen Belege – dennoch möchte ich meine Beobachtungen gerne teilen:
Wie weiter oben beschrieben, geben feste Abläufe und Strukturen einem Kind Halt, dessen Möglichkeiten zur Kommunikation stark eingeschränkt oder noch nicht vorhanden sind.
Meine Beobachtung ist, dass insbesondere diese Kinder eine erhöhte Tendenz dazu haben, Strukturen in Zwänge umzuwandeln.
Mir ist aufgefallen, dass Kinder mit fehlendem Sprachverständnis sehr viel mehr Wert darauf legen, dass diese Strukturen von ihnen selbst, aber auch von den anderen Kindern strikt eingehalten werden (Handlungsabfolgen im Badezimmer oder in Essenssituationen, zu laufende Wege, Orte für bestimmte Gegenstände, etc.). Abweichungen führen zu einer inneren Anspannung bis hin zu emotionalen Ausbrüchen, die nicht nur schwer greifbar, sondern auch schwer sprachlich lösbar sind.
Entwicklungen beobachten
Mein Fazit ist deshalb, dass insbesondere bei Kindern, denen Ausnahmen noch nicht sprachlich erklärt werden können, darauf geachtet werden muss, dass sich aus festen Strukturen keine Handlungszwänge ergeben.
Sollte eine pädagogische Fachkraft die Vermutung hegen, dass ein Kind sich gerade im fließenden Übergang von Struktur zu Zwang befinden könnte, sollte dies im Kollegium kommuniziert und gemeinsam darauf geachtet werden, dass Situationswechsel diese Übergänge noch enger begleitet werden. Sprachförderung kann nur gelingen, wenn ein Kind gut im Kindergarten angekommen ist.
Welche Rolle spielen Eltern im Kindergarten
Die Rolle der Eltern ist, wie bei allen anderen Bereichen des Lernens eines Kindes auch, im Kindergarten und der Sprachförderung nicht zu unterschätzen.
In meiner Beobachtung macht es einen sehr großen Unterschied, ob Eltern ebenso wie ihre Kinder die neue Sprache lernen und sich beispielsweise in Gegenwart der Erzieherinnen und Erzieher bemühen, die neue Sprache anzuwenden oder ob sie grundsätzlich in ihrer eigenen Muttersprache bleiben und diese auch mit ihren Kindern konsequent gebrauchen.
Ich möchte an dieser Stelle kein Urteil darüber fällen, ob und warum Eltern mit ihren Kindern ausschließlich in der Muttersprache sprechen oder nicht. Ganz im Gegenteil befürworte ich, dass Kinder in ihrer Familiensprache gefördert und gefordert werden sollten, um den Anschluss zu ihren Familienangehörigen nicht zu verlieren.
Hier geht es mir lediglich um die Beobachtung, die ich während meiner Monate im Kindergarten machen konnte, dass Kinder, deren Eltern ebenfalls beispielsweise an einem Deutschkurs teilnehmen und stark bemüht sind, ihre Deutschkenntnisse in der direkten Kommunikation anzuwenden und zu verbessern, für die Kinder ein großes Vorbild darzustellen scheinen.
Gemeinsam lernen
Als besonderes Beispiel habe ich hier ein Mädchen im Kopf, deren Mutter gemeinsam mit Ihrem Kind den deutschen Grundwortschatz erarbeitet. Farben, Zahlen, Tiere, also der Grundwortschatz sowohl in der Muttersprache als auch in einer Fremdsprache, werden hier gemeinsam geübt und immer wieder gesprochen.
Ja, die Aussprache ist dadurch nicht einwandfrei. Jedoch macht es dieses Vorwissen der pädagogischen Fachkraft im Kindergarten wesentlich einfacher, an dieses Grundwissen anzuknüpfen.
• Den Farbwortschatz auszubauen, kann auf eine spielerische Variante erlebt werden, wenn bereits Wissen über die einzelnen Farben vorhanden ist.
• Gegenstände der gleichen Farbe können dann gemeinsam gesucht und benannt werden.
• Das Sprechen über Tiere wird vereinfacht, wenn von dem allgemeinen Wort Vogel nun die Vögel der Region abgeleitet und speziell mit Taube, Ente oder Schwan bezeichnet werden können.
• Spiele mit Tiergeräuschen können so sehr schnell zum Eisbrecher werden.
Welche Rolle spielen Sprachvorbilder im Kindergarten
Auch die pädagogischen Fachkräfte selbst haben im Kindergarten eine große Vorbildrolle.
• Sauberes und langsames Sprechen, dialektfrei und in kurzen und prägnanten Sätzen, kann für deutschlernende Kindergartenkinder eine große Unterstützung sein.
• Zeitwörter wie “dann”, “später”, “nachher”, etc. sollten anfangs vermieden werden. Um zeitliche Abfolgen darzustellen, können Aufzählungen mithilfe der Finger eine geeignetere Visualisierung darstellen.
• Nebensätze, deren Bedeutung sind komplett verändert nur durch eine einzelne Konjunktion, sind irreführend. “Du wäschst dir die Hände, obwohl / wenn / weil / bevor / nachdem / während wir beim Mittagessen saßen.”
• Blickkontakt hilft den Kindern zu wissen, dass sie mit einer bestimmten Aussage angesprochen werden.
Und vielleicht macht es sogar Spaß, selbst ein paar Wörter in der Muttersprache des Kindes zu lernen ♥
BELIEBTE SPIELE IM KINDERGARTEN
Wie alles begann
Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen könnte, Kinder mit einer anderen Muttersprache als Deutsch im Kindergarten beim Spracherwerb (Sprache verstehen und sprechen) zu unterstützen.
Klar! Vorstellen kann ich mir sowieso immer erstmal alles!
Zu meinem Hintergrund
Ich bin Gymnasiallehrerin für die Fächer Biologie und Französisch. Schon während des Studiums habe ich in einem Nachhilfeinstitut mit dem Schwerpunkt Lese-Rechtschreibschwäche / Legasthenie gearbeitet und hier ein starkes Interesse an den Förderbereichen Lesen und Schreiben entwickelt. Losgelassen haben mich diese Themen nie und so arbeite ich heute als Selbstständige mit Kindern und Jugendlichen mit besonderen Schwierigkeiten beim Lesen und Schreiben, mit einem Fernstudium zur diplomierten Legasthenietrainerin und als Lerntrainerin (EÖDL) in der Tasche.
Bereits im Jahr 2016 kam die erste Lehrerin auf mich zu mit der Bitte, ein afghanisches Mädchen schulisch zu unterstützen. Ich habe mehrmals betont, dass ich keine Ausbildung in DaF oder DaZ habe. Doch die Zeit drängte, die Alternativen für die Schule waren gering, der Druck groß – und ich nahm die Herausforderung an. Zum Glück muss ich aus heutiger Sicht sagen! Dieser junge Mensch hat nach fünf Jahren in Deutschland ein hervorragendes Abitur abgelegt und studiert nun. Ich bin unfassbar stolz und glücklich darüber, dass ich sie auf ihrem Weg ein Stückchen begleiten durfte!
Kritik erlaubt!
Ja, ich nehme die Kritik an, dass man meine Ausbildung nicht genügt, um mit Flüchtlingen zu arbeiten. Nein, es kann nicht gesagt werden, dass meine Arbeit dadurch per se qualitativ schlechter ist als die einer DaF-Lehrerin oder eines DaZ-Lehrers.
Ressourcenorient statt problembehaftet
Wenn Hilfe nötig ist, ist es besser, auf die Ressourcen zurückzugreifen, die man hat und nicht auf die perfekte Lösung zu warten.
So …und nun starte ich also mit drei Kindern, deren Muttersprache ich nicht verstehe und die Wörter vermutlich noch nicht einmal aussprechen kann und bin bereit, von diesen Kindern jede Menge zu lernen!
ZAUBERHAFTE BÜCHER ZUM VORLESEN FÜR DIE GROßEN
MEIN ANGEBOT FÜR KINDERGÄRTEN
Meinen ersten Kurs in einem Kindergarten als externe Fachkraft hatte ich 2019/2020.
Damals (es kommt mir schon sooo lange her vor), habe ich mit den Schulis (die Kinder, die sich gerade in ihrem letzten Kindergartenjahr befinden) verschiedene Übungen und Aufgaben gemacht, die sie in der Schule erwarten werden:
♥ Schwungübungen
♥ Stifthaltung
♥ Laute erkennen
♥ Reimwörter finden
♥ Orientierung im Raum und am eigenen Körper (rechts / links, vorne / hinten, oben / unten)
♥ zählen
♥ Mengen erkennen
♥ den eigenen Namen schreiben und wiedererkennen
♥ Geschicklichkeitsübungen
♥ Wortschatz (Farben, Tiere, Gegenstände)
♥ komplexe Aufgabenstellungen umsetzen
♥ u.v.m.
Die Schule-Gruppe wurde so geteilt, dass ich immer nur etwa zehn Kinder gleichzeitig bei mir hatte. Eine Erzieherin unterstützte mich bei der Umsetzung.
Wie überall, wenn Menschen verschiedener sozialer und kultureller Herkunft, mit unterschiedlichen Bildungsvoraussetzungen und unterschiedlichen Muttersprachen zusammenkommen, mussten die Gruppen schon nach wenigen Terminen neu gemischt werden, um die Basissäulen eines gelingenden Bildungsangebots zu schaffen: Fördern und Fordern.
Flexibel bleiben
Die einzelnen Kinder konnten das Angebot nicht alle gleich wahrnehmen – eine Neusortierung sollte den einzelnen Bedürfnissen also besser gerecht werden können.
Denn …
→ schüchterne und stille Kinder profitieren nur dann von dem Angebot, wenn es ihr Selbstbewusstsein stärkt.
→ nicht muttersprachlich deutsche Kinder profitieren nur dann von dem Angebot, wenn sie es verstehen und umsetzen können.
→ laute und unruhige Kinder profitieren nur dann von dem Angebot, wenn sie zur Ruhe kommen können und die Anforderungen ihrer Konzentrationsfähigkeit entspricht.
→ angepasste und aufmerksame Kinder profitieren nur dann von dem Angebot, wenn es nicht alleine auf kognitiven Fähigkeiten aufbaut, sondern auch andere Kompetenzen fördert, wie Empathie, Hilfsbereitschaft oder Geduld.
Mein Fazit:
Für einen gelingenden Start in die Schule werden die Grundsteine bereits im Kindergarten gelegt. Hier an Investitionen zu sparen (Fachkräfte, finanzielle Ressourcen, Räume, Fortbildung etc.) bewirkt nur eine Verschiebung von Problemen.
Frühzeitige und langfristige Investitionen hingegen können Problemherde direkt im Keim ersticken.
Kinder haben von Natur aus Freude am Lernen. Sie möchten gut sein in dem, was sie tun. Sie haben einen inneren Drang, Neues auszuprobieren und zu entdecken. Es ist die Aufgabe der Erwachsenen, dieses Feuer aufrechtzuerhalten.
DER RICHTIGE NEWSLETTER FÜR SIE
Ich nehme Sie mit auf meine Reise. Mit dem Newsletter von Wachsenlernen bekommen Sie mein geballtes Wissen direkt in Ihr E-Mail-Postfach!
Darin enthalten sind
• Hintergrundinformationen und Wissen. Dies wird Ihnen dabei helfen, Ihr Kind besser zu verstehen.
• aufeinander aufbauende Themen. So können Sie mit Ihrem Kind Schritt für Schritt gemeinsam an Veränderungen und Verbesserungen arbeiten.
• aktuelle Neuigkeiten aus der Forschung, der Lernpsychologie und natürlich auch von mir.
Ich begleite Sie auf Ihrem Weg, gebe Ihnen mein gesamtes Wissen mit und stehe Ihnen jederzeit für Fragen zur Verfügung!
SPRACHFÖRDERUNG FÜR SCHULKINDER
Das Lerninstitut stellt eine App (für Android) vor, mit der junge Deutschlerner selbstständig ihre Wortschatz- und Sprachkenntnisse verbessern können.
SPRACHFÖRDERUNG FÜR UKRAINISCHE SCHULKINDER
Bei Wachsenlernen finden Sie ein Materialpaket für ukrainische Deutschlerner. Mithilfe von Arbeitsheften und Übungskarten können verschiedene Themen der deutschen Rechtschreibung und Grammatik vertieft werden.
Das Besondere: Die Erklärungen und Aufgabenstellungen sind auf Ukrainisch, um den Kindern beim Einstieg in die Themen die sprachliche Hürde zu nehmen.
Es handelt sich bei diesem Materialpaket um ein wachsendes Paket. Es kommen also nach und nach mehr Einzelmaterialien hinzu, die Sie jedoch nicht mehr extra hinzukaufen müssen – durch den einmalig bezahlten Einkaufspreis haben Sie lebenslangen Zugang zu allen Erweiterungen und Ergänzungen.
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